Elisabeth Scharang ist freie Film- und Fernsehregisseurin, Drehbuchautorin sowie 
Radio- und Fernsehmoderatorin, die sich mit ziemlich heftigen Themen auseinander
setzt.

Die bereits mehrfach ausgezeichnete Medienfrau sucht ihre Projekte nie nach 
Themen aus oder danach, ob diese gut ankommen. Ihr geht es immer um die Menschen und ihre Geschichten. Eigentlich wollte Elisabeth Scharang Politikwissenschaft, Soziologie und Philosophie studieren – aber der zufällige Einstieg in die Medienwelt als Radiomoderatorin bei FM4 brachte sie schließlich auf einen anderen Weg, „der mehr mit dem Leben zu tun hatte 
als das Soziologiestudium im ersten Semester“.

Ob Radio, Fernsehen oder Film: Mit 
Zivilcourage und ohne viel darüber nachzudenken, ob es gelingen wird oder nicht – 
„weil daheim zu sitzen und sich auszumalen, ob es etwas wird, bringt nichts“ –, nimmt 
sie Themen unter die Lupe, die unter die Haut gehen: das leidvolle Schicksal von Juden, 
das Tabuthema Intersexualität, aber auch Verurteilte wie Otto Muehl, Franz Fuchs und jetzt aktuell Jack Unterweger. Dazwischen gab es allerdings auch einmal etwas komplett anderes: Mit „Kick Out Your Boss“ wollte sie neue Denkweisen und Möglichkeiten in der Arbeitswelt aufzeigen und schaffte eine Diskussionsgrundlage, die nun online weitergeht. Nun wollten wir genauer wissen, was Elisabeth Scharang selbst für ein Mensch ist.

Elisabeth Scharang im Interview:

In deinen Projekten setzt du dich vorwiegend mit sehr starken sowie komplett unterschiedlichen Themen auseinander. Wie kommst du auf diese Themen, was ist dein persönlicher Zugang?

Was mich interessiert, sind Menschen. Es geht um Geschichten, die Menschen einem erzählen, die man erfährt und aus denen man dann etwas macht, damit sie andere Menschen erfahren oder auf etwas aufmerksam machen. Bei mir sind es nie Themen, die ich suche, es sind Menschen. Bei Otto Muehl stellte sich für mich zum ersten Mal die große Frage: Wie geht man mit den vielen Wahrheiten um, weil jeder Mensch eine eigene hat. Das war gerade bei der Geschichte ein großes Thema. Es ging darum, zu schauen, wo positio-niere ich mich, was für Verantwortung nimmt man einer Geschichte gegenüber, die man transportiert und die dann für die Leute draußen „die Wahrheit“ ist.

Du machst vor allem traurige Filme. Wie bist du aufgewachsen? Waren schwere Schicksale bzw. Leid ein Thema in deiner Kindheit oder Umgebung, dass dich solche Schicksale anziehen?

Mich hat vieles geprägt, aber man kann nicht sagen, dass ich Filme mache, weil ich das oder das erlebt habe. Es sind viele Sachen, die ein Weltbild prägen, wie ein Kasten, der sich langsam füllt mit viel verschiedenem Zeug. Ich war in einer modernen Schule mit jungen Lehrern und wir hatten immer wieder eine Aus-einandersetzung mit Geschichte und Politik. Als ich 14 war, kam Rosa Jochmann als KZ-Überlebende zu einer Schulveranstaltung und hielt eine Rede. Das hat mich sehr geprägt. Ich war aber auch ein sehr Kreisky-geprägtes Kind oder ein Kind, das gewohnt war, auf Demos zu gehen. Meine Mutter war Sozial-demokratin, mein Vater ist Kommu-nist. Bei uns zu Hause hörten wir „Die Schmetterlinge“ und ich höre sie bis heute noch gerne. Das hat -Power und da geht’s um was, das sind Sachen, die ein Weltbild prägen. Ich leiste es mir, traurige Geschichten zu erzählen, weil ich kein trauriges Leben habe. Es ist für mich keine Belastung, es deprimiert mich nicht, weil es nicht das Leben ist, das ich führe.

Was willst du mit deinen Filmen 
bewirken oder verändern?

Mit Kunst macht man grundsätzlich immer nur ein Angebot. Ob die Leute das nehmen können, weil gerade die Zeit reif ist, weiß man nie. Aber das ist das Schöne bei Filmen sowie bei Büchern – sie sind nicht weg, sie können warten. Ich persönlich finde es schön, zu sehen, was möglich ist und was die Leute damit tun. Entweder es macht jemandem Mut, es eröffnet eine neue Perspektive oder es ärgert oder man hat einfach ein gutes Gespräch mit einer Freundin darüber. Im besten Fall berührt es jemanden auf allen Ebenen, worauf ich mir dann wieder etwas rausholen kann. Wenn ich einen Film über Juden mache, dann geht man nicht aus dem Kino und ist super drauf. Aber beim Film „Kick Out Your Boss“ wollte ich einmal einen Film machen, wo die Leute rausgehen und sagen: „Leute, jetzt gehen wir es an!“

Was ist dein Credo, Lebensmotto?

Liebe. Ich finde, es geht tatsächlich um Liebe. Sei es, dass man die Liebe zu einem Menschen hat oder die Liebe zur Musik, im besten Fall die Liebe zu sich selber. Das hat nichts mit Glauben an die Liebe zu tun. An die brauche ich nicht zu glauben. Sie ist und wenn sie mal nicht ist, dann sind das nicht so schöne Tage und eher freudlose Zeiten.

Was ist dir absolut zuwider?

Kontrolle, Humorlosigkeit und wenn mich wer anschreit.

Foto: Pamela Russman

 

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