In den letzten Jahren gab es immer mehr Initiativen, Videos, Dokumentationen von Menschen, die das stark verfremdete Schönheitsideal, den Druck von außen, die Reduzierung auf den Körper sowie das eigene Selbstbild und den dazugehörigen Selbstwert in Frage stellten bzw. aufzeigten. Denn die gesellschaftliche Bewertung, ob jemand schön ist oder nicht, hat eine Rückkopplung auf die Psyche eines jeden Menschen. Speziell Frauen stehen weltweit unter einem enormen Druck, schön sein zu müssen – den vorgegebenen Schönheitsidealen zu entsprechen.

Dass ein Leben in Schönheit abseits der Norm möglich ist, zeigt uns in erster Linie Lizzie Velásquez. Die angeblich „hässlichste Frau der Welt“ zeigt, wie es geht, sich selbst zu definieren und dabei einen umwerfenden Charme auszustrahlen. Obwohl diese Frau im Jugendalter von einem Mitschüler gefilmt und auf YouTube als „die hässlichste Frau der Welt“ bezeichnet wurde, zeigt sie uns allen vor, was es heißt, trotz widrigster Umstände Selbstintegrität und Selbstliebe zu erlangen. Durch ihre Krankheit ist sie extrem klein und mager, was für sie zu einem Riesenproblem wurde. Lizzie hat sich nicht „die Kugel gegeben“, wie ihr dann auf YouTube als Reaktion auf den Film empfohlen wurde, sondern sich neu und selbst definiert.

Liebenswerte Schönheit

Heute ist Lizzie Velásquez eine begehrte Motivationssprecherin und betreibt ihren eigenen YouTube-Kanal, auf dem sie Menschen motiviert. Zudem hat sie ihr erstes Buch „Dare to be kind“ herausgegeben. Ihr Anliegen ist, eine Welt zu schaffen, in der eine „Kultur der Liebenswürdigkeit“ herrscht. Daher hat sie ihr Buch mit einem „Aktionsplan“ kombiniert. Alle zehn Tage gibt es ein Video von ihr mit Möglichkeiten, wie man sich mit all seinen Anteilen selbst und dann in weiterer Konsequenz auch andere in ihrer Andersartigkeit akzeptieren kann. Lizzie Velásquez ist in ihrer eigenen Art dermaßen entzückend und einnehmend und ein großartiges Vorbild für alle, die glauben, sie hätten ein Handicap – aus welchen Schönheitsgründen auch immer. Wer sie noch nicht kennt, sollte sich das Video unbedingt ansehen!

Infos:
daretobekindbook.com
youtube.com/user/lizzitachickita

Natürliche Schönheit: Von Flügeln und Gepardenbeinen

Bei dem Experiment von Jubilee Project „50 People 1 Question“ ist es wunderschön zu sehen, dass viele Kinder noch einen komplett natürlichen Zugang zu ihrem eigenen Körper haben. Bei dem Experiment wurden spontan kleine und große Menschen befragt, was sie an ihrem Körper ändern würden, wenn sie eine Sache daran ändern könnten.

Während die Erwachsenen vor allem vermeintliche Schönheitsfehler wie „meine Stirn, meine Haut, meine Füße“ nannten, kamen die Kinder gar nicht auf die Idee, irgendetwas an ihnen schlecht zu finden. Sie ließen ihrer Fantasie freien Lauf und wünschten sich „Flügel zum Fliegen“, „schnelle Gepardenbeine“ oder eine „Meerjungfrauenflosse“. Außerdem gab es auch welche, die gar nichts an ihrem Körper ändern wollten.

Infos: jubileemedia.com

Schöner, als man denkt!

Obwohl die Marke Dove wegen des Palmöls in ihren Produkten in Verruf geraten ist, möchten wir in diesem Zusammenhang anmerken, dass das Unternehmen ein großer Vorreiter mit seinen Werbekampagnen darstellt, weil Frauen in ihrer Natürlichkeit gezeigt werden – mit allen ihren Rundungen, wie sie wirklich sind. Wir möchten euch deshalb auch dieses sehr interessante Projekt nicht vorenthalten, bei dem ein Maler Menschen nur anhand von Beschreibungen porträtiert. Anhand von Selbstbeschreibung und Fremdbeschreibungen wurden je zwei Bilder gemalt. Schaut euch im folgenden Video an, was dabei herauskommt!

Welt-Schönheiten

Mihaela Noroc ist eine rumänische Fotografin, die ihren Job aufgab und mit ihrer Kamera in die Welt hinausgegangen ist, um die Vielfalt unseres Planeten in Form von Frauenportraits darzustellen. In ihrem so entstandenen „Atlas of Beauty“ sind mittlerweile hunderte Frauen aus allen Teilen der Welt, Kulturen und sozialen Schichten und jeden Alters abgebildet. Nach vier Jahren des Reisens und Fotografierens weiß Michaela Noroc nun definitiv, dass überall Schönheit zugegen ist. Dass es dabei weder um Make-up oder Figur geht, sondern nur darum, man selbst zu sein. Dass globale Trends uns alle gleich aussehen und verhalten lassen, wir aber alle wunderschön sind – weil wir verschieden sind. Ihr „Atlas der Schönheit“ hält der gegenwärtigen Gesellschaft einen Spiegel vor die Nase und soll eine Inspiration für Menschen sein, authentisch zu sein.

Fotos, Infos & Buch: theatlasofbeauty.com

Echt schön: Werbung geht echt auch anders!

Das spanische Modelabel Desigual macht derzeit wieder einmal mit einer innovativen Werbekampagne abseits der Masse auf sich aufmerksam und wird seinem Namen damit einmal mehr gerecht. Mit Modell Winnie Harlow, die aufgrund ihrer Hautkrankheiten weiße Flecken im Gesicht und am Körper hat, aber von Desigual als Markenbotschafterin eingesetzt wurde, hatte das Unternehmen sowieso schon bewiesen, dass es wirklich „anders“ ist. Heuer legte es noch ein Schäufchen drauf und zeigt das Modell Charlie Howard für die Bademodenkampagne völlig unverblümt, so wie sie ist – nämlich ohne Photoshop-Retusche. Hintergrund der Geschichte: Charlie Howard setzt sich selbst mit der Bewegung „All Women“ für mehr Vielfalt und realistischere Frauenbilder in Modekampagnen ein und steht dazu: „Wir alle haben unsere Unsicherheiten und kleinen Fehler, doch genau das macht uns einzig­artig und speziell.“

Infos zur Allwoman-Bewegung:allwomanproject.com

Außergewöhnlich schöne Initiative: Wer ist schon perfekt?

Auch das nächste Projekt bewegt sich außerhalb der Norm und ist bereits aus dem Jahr 2013. Die Idee: körperlich behinderte Menschen als Modelle für Schaufensterpuppen. Die Figuren wurden maßstabgetreu als dreidimensionale Abbilder von Miss Handicap 2010 Jasmin Rechsteiner, Radiomoderator und Filmkritiker Alex Oberholzer, Leichtathlet Urs Kolly, Bloggerin Nadja Schmid sowie Schauspieler Erwin Aljukic geschaffen. Anlässlich des „Internationalen Tages der Menschen mit Behinderung“ vom 3. Dezember 2013 führte Pro Infirmis eine Aktion an der Zürcher Bahnhofstraße durch. Unter dem Motto „Wer ist schon perfekt? regte damit die Schweizer Fach­organisation für Behindertenhilfe zum Nachdenken über die Akzeptanz von Menschen mit Behinderung an.

 

Glücklich schön: Schluss mit Bodyshaming

Medien, Werbung und Gesellschaft geben ein Körperbild vor, nach dem wir uns selbst und andere immer wieder bewerten und verurteilen. Die Australierin Taryn Brumfitt zerbrach fast daran und weigerte sich bei dem Schönheitszirkus weiter mitzumachen. Sie postete ein ungewöhnliches Vorher/Nachher-Foto ihres fast nackten Körpers auf Facebook – nur mit dem Unterschied zu den meisten anderen Bildern im Netz, dass sie beim Vorher-Bild schlanker war und beim Nachher-Bild glücklicher, und löste damit einen Begeisterungssturm aus.

„Wir sollten aufhören, äußerliche und innerliche Geschichten zu vermischen“, weist die dreifache Mutter auf die gesellschaftlichen Umstände hin. „Kinder kommen mit einem sehr guten Körpergefühl zur Welt. Unsere Leistungsgesellschaft sollte ihre Grundsätze überdenken, denn von klein auf senden wir Kindern die Botschaft, dass sie hier und dort noch nicht gut genug sind und besser werden müssen, um glücklich zu sein. Taryn Brumfitt reiste um die Welt und fragte überall Frauen, warum sie ihren Körper hassten. Nun kam sie im Mai 2017 mit einer Botschaft und dem Dokumentarfilm „Embrace“ heraus, mit dem sie allen, die unter den vermeintlichen Schönheitsidealen leiden, einen Gegenentwurf vorstellt – Umarme dich selbst!

Schönheit und Leidensdruck: „Killing us softly“

Weil es zu dem Thema „Sei, wie du bist“ nun auch schon so manche Gegenreaktionen gibt, sei hier klargestellt, dass es auch in unserer Berichterstattung nicht darum geht, das gleichfalls bestehende Problem von Übergewicht zu verharmlosen, sondern einen gesunden Zugang zu seinem Körper zu finden. Es geht um den Umgang mit Menschen als Objekte in der Werbung und um mehr Natürlichkeit und Echtheit stattdessen. Aus diesem Grund sei an dieser Stelle last but not least Dr. Jean Kilbourne erwähnt.

Die US-amerikanische Schriftstellerin und Filmemacherin ist schon seit Anfang der 1980er-Jahre bestrebt, das Image der Frauen in der Werbung zu verändern. Werbung verkauft Werte, Bilder und Konzepte von Liebe, Sexualität und Erfolg. Werbung suggeriert uns, wer wir sind und wer wir sein sollten.

Frauen erhalten die Botschaft, dass ihr Aussehen das Wichtigste für sie ist. Darum wenden sie schon sehr jung viel Zeit und Geld auf, um diesem Look gerecht zu werden und genieren sich, wenn dem nicht so ist. Jedoch ist das unvermeidbar, denn die makellosen Frauenfotos haben weder Falten, oft nicht einmal menschliche Poren.

Jean Kilbourne: „Wir wuchsen alle mit Bildern auf, in denen Frauenkörper in Objekte verwandelt wurden. Wohin wir schauen, sind Frauenkörper entweder Dinge oder Teile von Objekten. Die Frauen müssen extrem dünn und sexy sein – egal in welchem Alter. Ich spreche schon sehr lange über das Thema und ich dachte, die Models können gar nicht mehr dünner werden – aber sie werden es. Sie werden dünner und dünner und dünner.“ Jean Kilbourne möchte diesem Schlankheitswahn und konstruiertem Schönheitsideal ein Ende setzen. Sie empfindet es als Gewalt gegen Frauen.

Alle Infos zu Dr. Jean Kilbourne: jeankilbourne.com

 

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