Digitale Medien prägen zunehmend den Alltag von Kleinkindern und haben tiefgreifende Auswirkungen auf ihre Entwicklung. Studien zeigen alarmierende Zahlen: In Europa und Österreich nutzen 60 % der Ein- bis Zweijährigen täglich ein bis zwei Stunden digitale Medien. Bereits ab zwei Jahren können viele Kinder selbstständig Handyspiele bedienen oder YouTube nutzen. Gleichzeitig zeigen sich Defizite in grundlegenden Fähigkeiten wie Schuhe binden oder selbstständigem Essen.
Gesundheitliche und neurologische Folgen
Exzessiver Medienkonsum hat nachweisbare negative Auswirkungen auf die Hirnentwicklung von Kleinkindern. Frühzeitiger und intensiver Konsum kann strukturelle und funktionelle Veränderungen im Gehirn hervorrufen. Betroffen sind unter anderem das limbische System, die Hirnrinde und der präfrontale Kortex. Diese Veränderungen können zu Entwicklungsstörungen, Schlafproblemen und sogar Adipositas führen. Auch die Augengesundheit ist betroffen: In Ländern wie Südkorea leiden fast 97 % der Kinder an Myopie, die mit der häufigen Nutzung von Bildschirmen in Verbindung gebracht wird.
Auswirkungen auf Verhalten und Kommunikation
Kinder mit hohem Medienkonsum zeigen oft Auffälligkeiten in der Sprach- und Kommunikationsentwicklung sowie im Sozialverhalten. „Diese Kinder haben weniger Gelegenheit, grundlegende kommunikative Fähigkeiten zu entwickeln, und wirken oft sozial depriviert“, erklären Dr. Arnika Thiede und Christoph Rosenthaler vom Institut für Sinnes- und Sprachneurologie in Linz. Häufig ähneln ihre Verhaltensmuster jenen von Kindern im Autismus-Spektrum.
Eltern in der Verantwortung
Ein Problem liegt auch im fehlenden Bewusstsein vieler Eltern. Sie tun sich schwer, den Medienkonsum ihrer Kinder sinnvoll zu regulieren. Das Institut für Sinnes- und Sprachneurologie in Linz bietet daher umfassende Beratungen an. Neben der Aufklärung über Risiken wird Eltern gezeigt, wie sie alternative Beschäftigungen und entwicklungsgerechte Spiele fördern können. Die Zusammenarbeit mit Expert:innen aus dem Gesundheits- und Sozialbereich hilft dabei, Medienkompetenz zu stärken und gesunde Gewohnheiten zu etablieren. Digitale Medien sind Teil unseres Alltags, doch ein bewusster und moderater Umgang ist entscheidend – besonders bei Kleinkindern.
Quelle: Kongress für Allgemeinmedizin, Graz, November 2024