Sri Lanka ist mit seinen traumhaften Sandstränden, den warmen 
Sonnentagen und der üppigen Vegetation das Tropenparadies im 
Indischen Ozean. Andererseits haben der jahrelange Bürgerkrieg und nicht zuletzt der verheerende Tsunami im Jahr 2004 Infrastruktur, Natur, aber auch die Menschen arg mitgenommen – vor allem im Ostteil der Insel. Dafür ist dieser unberührte Teil vom Massentourismus noch verschont und bietet ein einzigartiges Erlebnis zwischen Palmenstränden, Walen, wilden Elefanten und einheimischem Ayurveda.

Wie so oft ist Wien Mitte März verregnet und nebelig, die Temperaturen sind im Keller. 7.500 Kilometer weiter südöstlich und rund zehn Flugstunden später ist die Welt auf der tropischen Insel Sri Lanka aber eine komplett andere. Schon 50 Meter außerhalb des Flughafens von Colombo scheint es, als wären alle 20 Millionen Einwohner gleichzeitig auf der Straße. Jede Menge Tuk Tuks, einheimische Mopedtaxis, kämpfen mit Bussen, Motorrädern, Fahrrädern, Fußgängern, aber auch Kühen und Ziegen sowie ein paar Autos um jeden freien Millimeter auf der Straße.

Regeln für den Verkehr scheint es kaum zu geben. Recht hat, wer lauter hupt und als erster den Flecken Asphalt für sich erobert. Erstaunlicherweise geht sich das meist aus. Das Leben spielt sich auf der Straße ab, überall ist es bunt, laut und anders als in Europa. Das Bild wird beherrscht von Männern im Dhoti, dem traditionellen Rock der Männer, und Frauen in ebenso bunten Saris. Überall duftet es nach Gewürzen und exotischen Pflanzen. Die Portugiesen nannten die Insel Ceiloa, Niederländer und Engländer Ceylon. 1972 wurde der Name auf Sri Lanka, „königlich leuchtendes Land“, geändert, als erstmals eine demokratische Verfassung Gültigkeit bekam.

Im Osten der Insel Sri Lanka

Sri Lanka kann man das ganze Jahr gut bereisen, man sollte nur wissen, wann gerade Monsunzeit ist und welche Küste man deshalb zu welchem Zeitpunkt meiden sollte. Bis März, April ist die Westküste betroffen, womit klar war, dass unser Ziel die Ostseite der Insel ist.

Batticaloa ist die Hauptstadt des gleichnamigen Distrikts im Osten von Sri Lanka und liegt am Golf von Bengalen. Sprechen Einheimische den Namen in ihrem Englisch aus, versteht man das zu Beginn kaum, denn sie schaffen das in einer Hundertstel-sekunde. An das generelle Speed-Englisch gewöhnt man sich aber rasch. Dafür geht es auf der Straße extrem langsam voran. Die Fahrt über 220 Kilometer vom Flughafen im Westen der Insel bis zu unserem Quartier in Batticaloa an der Ostküste dauert rund sieben Stunden.

Unterbrochen wird die Fahrt von endlosen Staus. Einerseits wird derzeit das Straßennetz ausgebaut, andererseits hat jedes Dorf so eine Art überfüllte Hauptstraße, die von bunten Geschäften gesäumt wird. Die Fahrbahn selbst ähnelt zudem oft eher einer Baustelle. Nach der Hektik von Colombo und mehreren kleinen Städten schlängelt sich der Weg durch weite Grünlandschaften, Teeplantagen, aber auch waldreiche Gebiete. Eine Waldstraße ist der Wiener Höhenstraße sehr ähnlich, doch statt Rehe und Füchse sehen wir wilde Elefanten, die am Waldrand, fünf Meter neben der Straße, gemütlich Blätter und Gras fressen.

Lange nach dem Einbruch der Dämmerung, die auf Grund der Nähe zum Äquator um etwa 18 Uhr beginnt, kommen wir endlich in Batticaloa an. Der Name bedeutet „schlammige Lagune“. Diese befindet sich zwischen der Stadt und dem Meer, getrennt durch eine langgezogene Halbinsel. Direkt darauf ist auch unser Zuhause für die nächsten drei Wochen. Denn erstmalig haben wir ein Häuschen über eine der zahlreichen neuen Plattformen für Privatunterkünfte benutzt. So kommen wir zum Privatquartier in einem naturbelassenen Fischerdorf mit rund 200 Einwohnern. Unser Häuschen liegt direkt an der Lagune in einem Garten mit Palmen und Sand. Die Kokosnüsse pflücken uns die Einheimischen direkt von den Palmen. Seeadler kreisen in den Baumwipfeln und verschiedenste Vögel wetteifern mit ihrem Gesang.

Vollmondfest im Fischerdorf

Richtig laut wird es hingegen am Freitag in unserem Dorf. Schon um fünf Uhr morgens stehen wir gerade im Bett, weil die Gebetsmusik aus dem extrem übersteuerten Lautsprecher plärrt. Erst nach drei Stunden hört man wieder die Vögel singen. Der Freitag ist für tamilische Hindus der wöchentliche Feiertag – wie bei uns der Sonntag. Gegen Mittag trifft sich das ganze Dorf. Jede Woche wird gemeinsam gekocht, geplaudert und gegessen. Am Boden sitzend werden Reis, Gemüse und Curry (mit viel Chili feurig gewürzt) auf geschnittenen Palmblättern als Teller gegessen – mit der rechten Hand und in kleine, mundgerechte Kügelchen geformt. Wir haben die Ehre, dem beizuwohnen.

Die Aufgewecktheit der Kinder, die Natürlichkeit der Menschen und die strahlende Offenheit, mit der sie uns begegnen, ist sehr speziell und berührend. Das Festmahl findet im Tempel in der Nähe des Strandes statt vor kitschig-blauem Himmel und strahlendem Sonnenschein. Die alten Bäume spenden genügend Schatten, die bunte Gesellschaft sitzt im Schneidersitz auf im Sand ausgebreiteten Teppichen.

Fällt der Freitag zufällig, wie bei unserem Aufenthalt, mit einem Vollmond zusammen, gibt es am späten Nachmittag noch ein zusätzliches Fest sowie ein Ritual, das einmal im Monat stattfindet. Nach dem Vollmondritual wird wieder gemeinsam gegessen. Diesmal gibt es süßen Kokosmilchreis mit Früchten und einem Getränk, das aus Früchten und Zwiebeln besteht und interessant schmeckt.

In Gottes Namen

Selbst der Schluck Brunnenwasser aus dem einzigen, also gemeinsamen Trinkgefäß kann uns – allen reisemedizinischen Warnungen zum Trotz – an diesem Tag nichts anhaben. Offensichtlich stehen auch wir unter dem Schutz von Ganesha, dem hinduistischen Gott mit Elefantenkopf. Er gilt als der erste Sohn von Shiva und Parvati. Ganesha ist der Herr der Hindernisse, sowohl der Beseitiger als auch der Setzer von Hindernissen, wenn sich jemand ihm gegenüber respektlos verhält. Ihm ist, ebenso wie den anderen Göttern, die anschließende Zeremonie gewidmet.

Im Freiluft-Tempel hat der Priester schon alles vorbereitet. Mitten im Sand zwischen den Bäumen stehen mehrere Altäre – für jeden Gott einer. Diese werden der Reihe nach angerufen. Denn jeder Hindu hat einen bestimmten Lieblingsgott, dennoch werden alle verehrt. Zum Abschluss überreicht der Priester jedem Tempelbesucher ein paar Lotosblüten, die man gemeinsam mit einem Wunsch in den Tempel wirft.

Die meisten Menschen des Landes, etwa 70 % der Bevölkerung, sind dem Buddhismus zugehörig. Tamilen – meist Hindus –, Muslime und Christen bilden die religiösen Minderheiten in Sri Lanka. Die Ostregion ist die Ausnahme mit 65 % Hinduisten, 25 % Muslimen und rund 10 % Christen. Die meisten Einwohner gehören der Minderheit der Tamilen an.

Krieg & Tsunami

Deshalb war die Gegend bis zum Jahr 2009 stark vom Bürgerkrieg betroffen. Fünf Jahre davor hatte der Tsunami alles verwüstet. Erst langsam werden Häuser und Straßen wieder renoviert und es entstehen Hotels für Touristen. Es sind so wenige Touristen, dass wir oft für Selfies mit Einheimischen vor die Kamera gebeten werden. Die kilometerlangen Sandstrände in Batticaloa sind derzeit noch ein heißer Tipp für einen einsamen Strandurlaub. Sie sind nicht so überlaufen wie die Strände der Süd- oder Westküste.

Leider nimmt es die Bevölkerung mit der Umweltschutz nicht sehr ernst. Ein Wermutstropfen sind die vielen Plastikflaschen und der Müll, die zum Teil die wunderschönen Strände verschmutzen – ob vom Meer angespült oder von der Bevölkerung hinterlassen – es wird nichts weggeräumt. Wenn man jedoch am Ende der Halbinsel in Batticaloa im Sand sitzt, dort wo die Lagune und das offene Meer zusammenfließen, glaubt man, an Ende der Welt zu sein oder doch eher im Paradies. Denn außer dem einsamen Seeadler, Krebsen, Krähen und ein paar vereinzelten Fischern stört nichts, um die Seele im Wind baumeln zu lassen.

Antike Königsstädte & Elefanten

Aber Sri Lanka bietet mehr als Sonne, Sand und Meer. Antike Königsstädte, prachtvolle Tempel und ein Hochland mit Teeplantagen locken das ganze Jahr zahlreiche Gäste. Das antike Ceylon ist auf jeden Fall einen Ausflug wert. In der ehemaligen Königshauptstadt Polonnaruwa regierte im 12. Jahrhundert König Parakrama Bahu. Er wollte, dass kein Regentropfen ins Meer gelangen soll, ohne für den Menschen nützlich gewesen zu sein. Deshalb ließ er über die ganze Insel verteilt Stauseen errichten, damit das ganz Jahr über Reis, 
das Hauptnahrungsmittel auf Sri Lanka, angebaut werden konnte. Seine Hauptstadt baute er prachtvoll aus. Noch heute sind der siebenstöckige Palast, ein buddhistischer Rundtempel, ein antikes Schwimmbad oder die überlebensgroßen Buddhafiguren, die gleich mit einem kleinen Tempel aus einem einzigen großen Felsen gemeißelt worden sind, zu besichtigen.

Zu den absoluten Highlights gehört ausnahmslos die atemberaubende Tierwelt – alles im Umkreis von einer halben Tagesreise (150 km) entfernt. Bei der Safari führt die staubige Straße tief in den Nationalpark hinein. Die teilweise 50 cm tiefen Schlag-löcher werden problemlos überwunden, ebenso ein Flussbett und steinige Hindernisse. Ringsum erheben sich Felsen, bewaldete Berge und weite Graslandschaften. Eine halbe Stunde später sind die ersten Elefanten zu sehen. Majestätisch grasen sie in kleinen Gruppen im Schatten der Bäume. Bis auf drei, vier Meter lassen sie die Autos an sich heran. Nur der Babyelefant wird zur Sicherheit in die Mitte genommen. Als wir im Jeep stehend aus dem Nationalpark rausfahren, stellen wir überrascht fest, dass sich etliche Elefanten neben der Straße aufhalten, man sieht sie aus der normalen Autoperspektive nicht.

Wale & Ayurveda

Das zweite Highlight spielt sich auf offener See ab. Denn im Osten von Sri Lanka kann man um diese Jahreszeit erfreulicherweise noch Wale beobachten. Die Wanderung der Wale an die Südspitze findet nämlich von Dezember bis April statt. Bekannte Orte, an denen Walewatching angeboten wird, sind Mirissa und Trincomalee. Wir haben uns für Zweiteres entschieden – man sieht dort weniger Wale, aber auch weniger Touristenscharen. Unser Bootsführer fährt uns mit seinem vier Meter langen Motorboot zielsicher weit aufs offene Meer hinaus.

Als die Küste hinter dem Horizont verschwindet, die Wellen das kleine Boot auf- und abschleudern, fragt man sich, ob der Ausflug in der Nussschale nicht vielleicht gefährlich ist. Aber als der Wal sich zehn Meter neben dem Boot elegant ein Stückchen aus dem Wasser erhebt, seine Wasserfontäne gegen den Himmel spritzt und sich dann mit einem eleganten Schwanzflossenschlag wieder in die Tiefe des Meeres zurückzieht, bekommt man immense Ehrfurcht vor der Natur. Man wird für alles entschädigt – auch für den Sonnenbrand, den die dreistündige Bootsfahrt hinterlassen hat.

Das Wissen vom Leben

Und last, but not least darf natürlich die Ayurveda-Behandlung nicht fehlen. Natürlich haben wir auch beim Ayurveda nicht die Tourismusschiene im Hotel gewählt, sondern sind eine Woche täglich mit dem Tuk Tuk in eine einheimische Ayurveda-Klinik gefahren. Wie uns Dr. Mohammed Lafeer erklärt, dauert die Behandlung in der Klinik generell nur sieben Tage und nicht wie in Hotels bis zu drei Wochen. Auch in Sri Lanka haben Ayurveda-Ärzte alle ein Studium mit staatlichem Abschluss sowie Praxis in den staatlichen Kliniken. Daher wird das persönliche Kurprogramm entsprechend einer genauen Anamnese individuell erstellt und bei den täglichen Konsultationen kontrolliert und adaptiert. In der Klinik werden auch die Masseure eigens ausgebildet und diese verwenden nur ein genau passendes medizinisches Öl.

Bei der täglichen Synchronmassage arbeiten zwei Therapeuten parallel. Die Massage erfolgt nicht kraftvoll, sondern eher sanft. Die Wirkung ist entspannend, ausgleichend, ausleitend, heilend und regt auch den Körper zur Entschlackung an. Zum Abschluss gibt es noch eine Wärme-therapie. Dabei liegt der eingeölte Körper in einem Holzkasten (siehe Bild rechts oben) auf Kräutern und Blättern. Zusätzlich wird einem mit Heilkräuterdämpfen noch eingeheizt. Diese ayur-vedische Sauna geht im wahrsten Sinn des Wortes unter die Haut, dient sie der Entschlackung und leitet so Giftstoffe aus dem Körper. Gleichzeitig werden aber auch Geist und Seele angeregt. Die ganzheitliche Behandlung wird durch eine anschließende Ruhephase mit den Reizen der natürlichen Umgebung intensiviert.

Alles beginnt im Geist

Ayurveda bedeutet so viel wie „Das Wissen vom Leben“. Am Anfang waren die Veden, eine Sammlung von überliefertem Wissen, niedergeschrieben auf Palmblättern oder auch mündlich übertragen von Generation zu Generation. Das Wissen soll seit rund 5.000 Jahren existieren. Einer der Veden, der fünfte Veda, ist der Ayurveda. Hierbei handelt es sich um das Wissen über Vorbeugung, um Verjüngung, um die Verlängerung des Lebens und um Heilung. Denn die Gesundheit wird in der ayur-vedischen Heilkunde als Harmonie oder Einheit des Bewusstseins mit den Körperfunktionen beschrieben. Dazu gehört aber nicht nur das eigene Wohlbefinden, sondern auch der harmonische Umgang mit anderen Menschen und der Umwelt. Die siebentägige Behandlung reicht, wie uns Dr. Mohammed Lafeer erklärt, aus medizinischer Sicht fürs ganze nächste Jahr. Eine Botschaft gibt er uns noch eindringlich mit auf den Weg: „Alles beginnt im Geist.“

Zoë Reisebereicht 2015

 

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