In Österreich sind bereits seit einigen Jahren Präparate auf Cannabisbasis erhältlich und werden auch vom Arzt verschrieben. Cannabis auf Rezept gibt es aber nur bei klaren Voraussetzungen: Spastizität, Multiple Sklerose, Appetitlosigkeit und Übelkeit bei Krebspatienten. „Cannabis kann unter anderem auch bei chronischen Schmerzen eingesetzt werden, wenn keine anderen Therapien ansprechen“, erklärt Prim. Univ.-Prof. Dr. Rudolf Likar, Klinikum Klagenfurt am Wörthersee, beim Allgemeinmedizinkongress in Graz.

Mit den verschiedenen Cannabis-Inhaltsstoffen beschäftigt sich die Wissenschaft schon länger. Doch erst in den vergangenen Jahren konnten sich pharmazeutische Präparate aus Hanf-Inhaltsstoffen in der Medizin etablieren. Denn Cannabinoide weisen einen schmerzlindernden (analgetischen) Effekt bei chronischen Schmerzen auf. Die Wirkung hängt immer davon ab, wie viel Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC) und wie viel Cannabidiol (CBD) enthalten ist. Die anderen Substanzen in der Pflanze sind medizinisch nicht notwendig.

Prim. Univ.-Prof. Dr. Rudolf Likar sammelte bereits Erfahrung mit CBD als Zusatzmedikation bei mehreren Patienten, bei denen etwa schwere Schmerzen aufgrund einer Krebserkrankung vorlagen und andere Medikamente nicht ausreichten. „Bei den meisten Behandelten konnte die Opioid-Dosis bzw. der Gebrauch noch weiterer Schmerzmittel deutlich reduziert werden“, erklärt der Experte.

Um Missverständnisse zu vermeiden: In der Medizin handelt es nicht um Hanfprodukte vom Schwarzmarkt. „Es handelt sich um speziell hergestellte Präparate, die auch erforscht wurden“, verdeutlicht Rudolf Likar.

Auf die Inhaltsstoffe kommt es an

Bei den medizinischen Anwendungen muss man jedoch zwischen dem THC, das auch die psychotropen Eigenschaften hat, und dem CBD unterscheiden. „THC wirkt schmerzlindernd, krampflösend, hilft gegen Übelkeit/Erbrechen und wirkt appetitsteigernd. Das Cannabidiol hingegen wirkt entzündungshemmend, antipsychotisch, angstlösend und krampfverhindernd“, erklärt Rudolf Likar. Bei CBD handelt es sich um eine nicht-psychotrope Substanz. Sie unterliegt keiner Suchtgiftregelung. Im Körper wird es auch nicht zu THC umgewandelt. Cannabidiol kann unerwünschte psychologische Effekte von THC vermindern.

Klare Regelungen notwendig

Ein Problem in Österreich ist die unterschiedliche Beurteilung der Substanzen vom Gesetz her. Rudolf Likar würde sich wünschen, dass alle Reinsubstanzen in Österreich zur Verfügung stehen. Zudem sollten hochgereinigte Cannabinoide nicht Suchtmittel-rezeptpflichtig sein. Derzeit gilt das reine Dronabinol, wenn es aus der Pflanze gewonnen wird, als Suchtgift, das vollsynthetische THC-Analoga aber nicht. CBD ist in Österreich sogar nur als Nahrungsergänzungsmittel erhältlich, in Deutschland aber als Arzneimittel. Hier braucht es klare Regelungen.

Cannabis zum Schlucken

Für Rudolf Likar hat Cannabis einen festen Platz in der Medizin. Aufgrund der aktuellen Datenlage können Cannabisprodukte bei sorgfältig ausgewählten Patienten mit starken Schmerzen, die nicht anders behandelbar sind, eingesetzt werden. Zudem erfolgt die Einnahme oral, das Medikament wird nicht geraucht, sondern geschluckt.

Insgesamt sind die oralen Cannabinoide sehr gut verträglich. Interaktionen mit anderen Medikamenten gibt es nicht. Nebenwirkungen wie Schwindel, Müdigkeit oder Mundtrockenheit können zwar auftreten, sind aber nicht dramatisch. „Aber es gibt absolute Kontraindikationen: Psychosen, Angststörungen oder auch Drogenmissbrauch oder Sucht in der Vergangenheit“, warnt Rudolf Likar. Die Gefahr der Abhängigkeit sieht er jedoch nicht – Alkohol und Tabak haben ein deutlich höheres Suchtpotenzial.

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