Warum gehen manche Menschen aus einer schwierigen Situation gestärkt hervor, während andere daran zerbrechen? Ist die Widerstandskraft eines Menschen Veranlagung, Konstitution oder Charaktersache? Und was stärkt oder schwächt die Resilienz eines Menschen im Laufe seines Lebens? Psychologin Dr. Andrea Egger weiß ein paar Antworten.

„Resilienz ist nicht angeboren“, nimmt Dr. Andrea Egger gleich zu Beginn unseres Gesprächs vorweg. „Bestimmte Aspekte, wie etwa die Persönlichkeitsstruktur, sind Veranlagung und spielen eine wesentliche Rolle. Sie sind aber nur Teilaspekte und reichen nicht aus, um lebenslang in allen Situationen resilient zu sein. Resilienz ist ein dynamisches Konstrukt. Jeder kann durch bestimmte Erfahrungen und Sozialisierungen an seiner Resilienz arbeiten und sie auch stärken.“

Zurück zum Ursprung

Ein weiterer wichtiger Teilaspekt der Resilienz ist das Umfeld, in das ein Mensch hineingeboren wurde. Erfahrungen, die in den ersten drei Lebensjahren gemacht werden, wirken sich auf das Urvertrauen aus und prägen das ganze Leben. „Wenn bis zum dritten Lebensjahr eine sogenannte sichere Bindung gegeben war, gilt das durchaus auch als eine gute Grundlage für Resilienz – als weiterer Aspekt. Wenn aber Mutter oder Vater in dieser Zeit fehlt, kann das Kind nicht am Modell lernen. Es lernt nicht den Umgang mit Konflikten, Beziehungen oder mit der Sprache“, schildert die Psychologin. „Diese Menschen haben oft das Gefühl, nicht gut genug oder unerwünscht zu sein, oder auch nicht sein zu dürfen, wie sie sind, und ihr Leben nicht nach eigenen Wünschen gestalten zu dürfen. Das ist natürlich für die psychische Widerstandsfähigkeit kontraproduktiv und schwächt die Resilienz.“

Das Gefühl, das Leben zu meistern

Demnach ist natürlich genau das Gegenteil gesundheitsfördernd und der richtige Weg zur Stärkung der Widerstandskraft. Resilienz wird gestärkt, wenn das Gefühl vorherrscht, das Leben zu meistern, in schwierigen Situationen handlungsfähig zu bleiben. „Wer in einer Krise auch eine Chance sieht, wird zum Beispiel als resilienter Mensch bezeichnet“, so die Expertin und beruft sich für den Zusammenhang zwischen Resilienz und Weisheit auf Studien der Kärntner Weisheitsforscherin Univ.-Prof. Dr. Judith Glück: „Das Weisheitsthema ist eher ein wissenschaftliches als ein praxisorientiertes. Aber es geht aus vielen Studien hervor, dass Menschen, die als resilient wissenschaftlich zu beschreiben sind, irgendwann die Möglichkeit haben, als weise bezeichnet zu werden. Das hat nicht unbedingt etwas mit dem Alter zu tun, sondern es beschreibt vielmehr die Einstellung, über den Dingen zu stehen, von einer Metaebene auf Situationen zu blicken und dann reflektiert in der Bedeutsamkeit und Handhabbarkeit mit Optimismus Situationen einzuschätzen und diese dann zu bewältigen.“

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