Menschen werden in der Arbeitswelt oftmals als Produktionsmittel oder Human Ressource abgetan, wichtig sind immer nur Profit, Leistung und stetig wachsende Gewinnanteile. Dann darf es auch nicht verwundern, wenn der Einsatz, die Freude und letztlich auch die Produktivität fehlen. Oft sind Erschöpfung, Depression oder Burnout die Folgen davon. Aber es gibt auch Strategien und Möglichkeiten, um dem Teufelskreislauf Burnout zu entfliehen. Beim Kongress für Allgemeinmedizin sprach Dr. Karin Klug über erste Anzeichen, Wege aus der Krise und den Ansatz der positiven Psychologie.

Burnout ist ein langfristiger Prozess, bei dem man über einen gewissen Zeitraum in eine Erschöpfung gleitet, die sich auf der körperlichen und der seelischgeistigen Ebene bemerkbar macht. Burnout ist aber multidimensional und baut sich über Monate oder Jahre hinweg auf. Müde und erschöpft zu sein, wenn man ein paar Tage mehr arbeitet, ist normal. Wichtig ist es aber, auf erste körperlichen Anzeichen zu achten. Dazu zählen Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Herzrasen oder Magen-Darm-Probleme. „Das Schwierige daran: Jedes Symptom kann auch eine ganz andere Ursache haben. oft kann dann nur der Arzt abklären, wann es gefährlich wird“, erläutert Dr. Karin Klug. Zudem gibt es neben den rein körperlichen Anzeichen auf der anderen Ebene Konzentrationsmangel und Denkaussetzer. Die Auswirkungen können aber je nach Person unterschiedlich sein. Manche Betroffene werden leiser, ziehen sich zurück, reden weniger; andere Menschen werden gereizter, lauter, flippen schnell einmal aus. Es ist aber immer ein Prozess, der sich langsam entwickelt, immer wieder kommen neue Symptome dazu.

Unterschiedliche Stadien des Burnouts

Der deutsch-amerikanische klinische Psychologe und Psychoanalytiker Herbert Freudenberger hat ein Modell von Burnout beschrieben, das zwölf Stadien unterscheidet. Meist fängt das ganz harmlos an. Der Betroffene hat einen gewissen Ehrgeiz, eine Leidenschaft und erledigt seine Arbeit mit großer Begeisterung. Allerdings überschätzt er sich und vernachlässigt seine Bedürfnisse. er geht über seine Grenzen hinaus, macht Überstunden, hat keine Zeit mehr, in Ruhe zu essen, nimmt sich die Arbeit mit heim. Passiert das über einen längeren Zeitraum, tritt zwangsläufig eine Erschöpfung auf.

In der Stufe 3 kommt es zu einer Vernachlässigung eigener Bedürfnisse. In diesem Stadium geht das Verlangen nach Ruhe, Schlaf und Regeneration, aber auch der Wunsch nach Sex immer weiter zurück. häufig nimmt der Konsum von Alkohol, Nikotin und Kaffee zu. Die nächste Stufe kann sein, dass man diese Bedürfnisse und Konflikte verdrängt – das ist die vierte Stufe. Karin Klug: „Bis dahin kann man selbst noch den Weg hinaus finden.“ Ab der nächsten Stufe „Umdeutung von Werten“ ist eine Beratung sinnvoll. Psychologische, therapeutische und ärztliche Beratung und Betreuung sollten aber immer so früh wie möglich in Anspruch genommen werden, je früher, desto besser.

In der Stufe 6 kommt es zu einer verstärkten Verleugnung von Problemen, dann zum Rückzug. Der Betroffene fühlt sich nicht anerkannt und geht nur noch ungern zur Arbeit. er leidet erstmals unter deutlichen Leistungsschwächen und körperlichen Beschwerden. Ein Gefühl der Orientierungs- und Hoffnungslosigkeit macht sich breit. Alkohol und Medikamente, aber auch Essen und Sex dienen als Ersatzbefriedigung. Das soziale Umfeld wird als bedrohlich und überfordernd empfunden. Das steigert sich bis zum Gefühl der „Inneren Leere“ (Stufe 10) , wenn der Betroffene den Alltag nur mehr mutlos und ausgezehrt bewältigt. Oft kommen Angst- und Panikattacken dazu. Ab der Stufe 11 (Depression) oder 12 (völlige Burnout-Erschöpfung) ist eine stationäre Behandlung unumgänglich.

Prävention ist sinnvoll

Je länger die Probleme bestehen, desto schwerer ist der Weg, wieder herauszukommen. Eine Erschöpfung über lange Zeit kann man nicht in drei Tagen auflösen. Karin Klug: „Anhand der zwölf Stufen gilt es festzulegen, wo der Patient steht. Dies bestimmt auch die Hilfe. Denn im schlimmsten Fall endet Burnout in der Depression, der Krise, im Suizid. Wichtig ist, dass alle beteiligten Personen zusammenarbeiten.“

Ein Tipp gilt in allen Stadien: darauf achten, dass die Grundbedürfnisse erfüllt sind: ausreichend (acht Stunden) Schlaf, auf die Ernährung achten, Bewegung einplanen. Eine Möglichkeit zur Prävention bietet die positive Psychologie. In den Anfängen hat sich die Psychologie immer mit Krankheiten und Defiziten beschäftigt: Was funktioniert nicht und wie kann man das reparieren? Die positive Psychologie ist erst in den letzten Jahren entstanden und hier geht es um eine wirkliche Kehrt- und Trendwende: Es geht darum, was ist ein erfülltes Leben, wie kann man Gesundheit erhalten, wie Lebensqualität schaffen. Es geht darum, bewusst den Blick in die Richtung zu lenken, was stärkt mich, was kann ich gut, was gibt mir Kraft.

 

Erkennen – 12 Stufen zum Burnout

1.   Der Zwang, sich zu beweisen
2.   Verstärkter Einsatz
3.   Vernachlässigung eigener Bedürfnisse
4.   Verdrängung von Konflikten und Bedürfnissen
5.   Umdeutung von Werten
6.   Verstärkte Verleugnung von Problemen
7.   Rückzug
8.   Deutliche Verhaltensänderung
9.   Verlust des Gefühls für die eigene Persönlichkeit
10.  Innere Leere
11.  Depression
12.  Völlige Burnout-Erschöpfung

 

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