Zukunftsängste sind eines der größten Phänomene unserer Zeit. Obwohl bis heute nichts von sämtlichen Weltuntergangsszenarien eingetreten ist, haben wir noch immer Angst vor der Zukunft. Auf Probleme zu starren bringt aber Lähmung statt Entwicklung. Jeder Trend hat einen Gegentrend bzw. erreicht eine Spitze. Letztlich wird der Mensch immer neue Technologien erfinden, um tatsächliche knappe Ressourcen auszugleichen oder schlechte Produktionstechniken im Sinne der heutigen „blauen Ökologie“ zu verbessern. Und was die jetzige Situation Europas betrifft, Krisen machen ein System robuster, weil sie auch neue Denkweisen fördern. „Wenn Flüchtlinge als Potenzial erkannt werden, sind sie keine Krise, sondern neue Zuwanderer“, weiß Zukunftsforscher Matthias Horx und ortet eine Trendwende in Richtung weniger Pessimismus zu mehr proaktiver Zuversicht: „Der Welt geht es besser, als viele Menschen denken. Wenn wir das wissen, dann können wir die verbleibenden Probleme auch leichter lösen. Man muss dem Wandel auch vertrauen können.“

Das Problem mit der Zukunft beginnt im Kopf. Aber wenn wir immer nur in Problemen denken, fixieren wir uns auf die Probleme, anstatt auf die Lösungen. Dadurch wird ein Problem zum immer größeren Problem“, so Zukunftsforscher Matthias Horx beim Futureday 2015. „Als Menschen und als Gesellschaft denken wir von früh bis spät immer über Probleme nach und damit verstärken wir diese mental. Das ist in vielen Hinsichten sehr hinderlich“, weist Matthias Horx hin. „Wir haben dieses Entweder-oder-Denken, Triumpf oder Untergang.

Die Wirklichkeit sieht aber immer anders aus. Deshalb versuchen wir als Zukunftsagenden Zukunftsdenken einzuüben, indem wir es von der anderen Seite her denken. Das erfordert Mut und Kraft und manchmal eine gewisse Ignoranz gegenüber diesem bleischweren Ton bei der Frage: ,Wie soll es weitergehen mit der Zukunft Europas?‘ Wenn man auf das Wort Flüchtlingskrise starrt, dann wird es zu einem immer größeren Monster. Flüchtlinge sind aber in dem Moment, wo wir sie als mögliche Zuwanderung verstehen, etwas völlig anderes. Es gilt zu überlegen: Wie kann man helfen, in einer Situation, die wir uns nicht mehr aussuchen können? Wie kann man anders über etwas nachdenken, was dann vielleicht zu einer Lösung wird, indem wir es als Lösung betrachten?“

Der Grund für Zukunftsängste der Wohlstandsgesellschaft liegt nicht nur in der Evolutionsgeschichte, sondern heute vor allem in der Industriegesellschaft der 70er-Jahre. Aus dieser Zeit stammt das Modell, dass der Mensch generell schlecht für die Welt ist, sie verschmutzt und dass Rohstoffknappheit und steigende Preise Armut und Hungersnot bringen. Die damals vorausgesagten Prognosen basierten auf linearen mechanischen Systemen, die aktive Prozesse und Entwicklungen sowie den Menschen und seinen Einfallsreichtum nicht einbeziehen. Trotzdem hält der moderne Mensch der Jahrtausendwende an diesen Überzeugungen fest und vergisst, dass sich in der Zwischenzeit die Technologien und auch das Bewusstsein enorm verändert haben.

Auch in Zukunft hat der Mensch immer die Wahl

Denn der Mensch hat in komplexen sozialen, humanen Beziehungen immer die Möglichkeit, es anders zu machen. „Wir befinden uns in einem stets aktiven und adaptiven Lernprozess. Krisen sind notwendig, um Systeme zu verbessern, um sie widerstandsfähiger zu machen“, weiß Matthias Horx. Der Zukunftsforscher sieht die Zukunft absolut nicht schwarz, sondern blau. Im Sinne der „blue economy“ wird das Industriesystem völlig umgewandelt, die Herstellung ist nicht mehr schädlich, sondern produktiv.

„Wir können heute aus Kohlendioxid Karbonfasern machen, das ist die beste Form, mit CO2 umzugehen“, so Matthias Horx. Bei den Biospritformen erleben wir umwelttechnisch eine massive Steigerung der Effektivität. Es gibt heute schon ein Jeansleasingsystem, in dem wir pro Monat Bio-Jeans preiswert mieten können und sie verbraucht zurückschicken. Wir können aus Milch Seidenfasern erzeugen. Das ist „neue Alchemie“, die Umwandlung von Stoffen, wie sie in der groben Urphase der Industriegesellschaft niemals möglich waren. Auch die Städte werden in Zukunft ganz anders aussehen. Die Gebäude selbst werden Energie produzieren. Die Entwicklungen in diese Richtung sind heute wirklich massiv und sehr schnell. Das alles muss man auch wissen und sehen, wenn man an die Zukunft denkt.

Infos zum Thema:
horx.com
zukunftsinstitut.at
biobasedeconomy.eu
ecomodernism.org

 

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